Arbeitsrecht in Frankreich

Ein Einblick in das französische Arbeitsrecht.

Inhaltsverzeichnis:

Die Arbeitsgesetze in Frankreich unterscheiden sich erheblich von denen anderer Länder. Wenn Sie einen Mitarbeiter in Frankreich einstellen möchten, ist es unerlässlich, sich mit den Rahmenbedingungen eines französischen Arbeitsverhältnisses vertraut zu machen, um die Interessen Ihres Unternehmens wahren zu können.

Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Ausarbeitung von französischen Arbeitsverträgen. In diesem Zusammenhang sollte die Möglichkeit geprüft werden, spezifische Vertragsklauseln wie eine Probezeit oder eine Befristung zu vereinbaren. Darüber hinaus müssen französische Vorschriften zu Mindestlöhnen und Arbeitsbedingungen wie Arbeitszeiten eingehalten werden.

Das französische Arbeitsrecht sieht einen starken Arbeitnehmerschutz vor. Dies wird besonders deutlich, wenn es darum geht, einen Arbeitsvertrag zu beenden. Daher ist zu empfehlen, sich mit den verschiedenen Möglichkeiten der Beendigung vertraut zu machen, wie zum Beispiel einer Kündigung oder eines einvernehmlichen Aufhebungsvertrags. Diese unterliegen einem streng geregelten Verfahren.

Das französische Arbeitsrecht regelt das Arbeitsverhältnis umfassend

Das Arbeitsverhältnis wird sehr stark durch das Arbeitsgesetzbuch geregelt, mit Vorschriften auf individueller und kollektiver Ebene. Es entwickelt sich kontinuierlich weiter. Weitere arbeitsrechtliche Quellen sind das Sozialgesetzbuch mit Lohnfortzahlungsregeln, das Strafgesetzbuch mit Diskriminierungsverboten und das Arbeitsschutzgesetz mit Regelungen zu betriebsärztlichen Untersuchungen und zur Bewertung und Vermeidung von Risiken am Arbeitsplatz.

Darüber hinaus sind Tarifverträge eine Hauptquelle des Arbeitsrechts. In Frankreich existieren Tarifverträge für die meisten Branchen (z.B. IT Branche mit dem SYNTEC-Tarifvertrag, Tarifvertrag der Metallindustrie, Tarifvertrag des Großhandels, Tarifvertrag der Textilindustrie) und viele Tarifverträge sind allgemeinverbindlich. Sie sehen vielfältige Regelungen vor, darunter Mindestlöhne, längere Kündigungsfristen und höhere Abfindungen im Kündigungsfall.

Welcher Tarifvertrag ist anwendbar?​

Angesichts der Vielzahl allgemeinverbindlicher Tarifverträge sollte bei der Gestaltung von Arbeitsverträgen zunächst die Frage gestellt werden, ob und wenn ja, welcher Tarifvertrag gilt. Dies ist von größter Bedeutung, da auch alle weiteren Arbeitsverträge mit neuen Mitarbeitern auf diesem Tarifvertrag basieren werden. Eine falsche Anwendung zu Beginn kann zu erheblichen Kosten führen. Eine spätere Änderung des Tarifvertrags ist möglich, insbesondere wenn der bisherige nicht der tatsächlichen Haupttätigkeit des Unternehmens entspricht. Um jedoch den geltenden Tarifvertrag zu ändern, muss der Arbeitgeber ein starres Verwaltungsverfahren bewältigen.

Welchen Verhandlungsspielraum lässt das französische Arbeitsrecht ?

All diese Normen schränken die Verhandlung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ein. Im Allgemeinen sieht der Arbeitsvertrag Regelungen vor, die nicht bereits gesetzlich geregelt sind und somit der Verhandlung überlassen bleiben. Abgesehen davon sieht der Arbeitsvertrag in vielen Fällen für den Arbeitnehmer vorteilhafte Regelungen vor, wie z. B. ein Gehalt oberhalb vom gesetzlichen Mindestlohn.

Das Prinzip der günstigsten Regel

All diese Quellen des Arbeitsrechts in Frankreich können manchmal widersprüchliche Regeln vorsehen. Bei scheinbarem Widerspruch mehrerer Regelungen gilt grundsätzlich die für den Arbeitnehmer günstigste Regelung.
Dies erklärt sich aus einer Einordnung der Normen in ein Pyramidensystem, bei dem eine niedrigere Regel nur dann von einer höheren Regel abweichen kann, wenn diese für den Arbeitnehmer günstiger ist. Von dieser Regel gibt es nur wenige Ausnahmen.

Die Rolle der Rechtsprechung im französischen Arbeitsrecht

Auch die Rechtsprechung spielt in Frankreich eine sehr wichtige Rolle, da sie die Anwendung des französischen Arbeitsrechts definiert.
Am häufigsten geht es bei Streitigkeiten vor den Arbeitsgerichten um Kündigungsanfechtungen, die Höhe von Kündigungsentschädigungen oder ausstehende Zahlungen. Vor allem der Begriff des „tatsächlichen und schwerwiegenden Grundes“ für eine Kündigung nährte nach und nach viele Auseinandersetzungen vor den Gerichten.

Die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts ist jedoch allgemeiner: Jede individuelle Streitigkeit über die Ausführung des Arbeitsvertrags, von seinem Abschluss bis zu seiner Beendigung, kann vor Gericht gebracht werden.

Wissenswertes über das Arbeitsrecht in Frankreich

Die wichtigsten Eckdaten zum französischen Arbeitsrecht, die Ihr Unternehmen betreffen können. 

Befristete Verträge – nur mit Grund

Grundsätzlich gilt, dass Arbeitsverträge unbefristet sein müssen. Befristete Arbeitsverträge sind in Frankreich die Ausnahme, im Gegensatz zu anderen Ländern wie Deutschland, die befristete Verträge für eine bestimmte Dauer ohne Angabe eines Sachgrundes zulassen. Dies ist in Frankreich nicht der Fall. Das französische Arbeitsrecht sieht eine Liste zulässiger Gründe vor, beispielsweise die Vertretung eines abwesenden Mitarbeiters oder Saisonarbeit.

Probezeit

Da es nicht üblich ist, befristete Verträge abzuschließen, kommt der Probezeit eine Schlüsselrolle zu. Um gültig zu sein, muss die Probezeit schriftlich vereinbart werden. Das französische Arbeitsgesetzbuch schreibt die Höchstdauer vor, basierend auf dem Status des Mitarbeiters. Die Dauer kann aber je nach Tarifvertrag variieren.
Die Anfangsdauer ist deutlich kürzer als in anderen Ländern. Für leitende Angestellte mit einem unbefristeten Vertrag beträgt sie nur 4 Monate, kann jedoch in einigen Fällen verlängert werden.

Gesetzlich festgelegt Mindestlöhne in Frankreich

Frankreich gehört zu den Ländern der Europäischen Union mit den höchsten Mindestlöhnen. Nur Länder wie Deutschland, die Niederlande, Belgien, Irland und Luxemburg schreiben höhere Mindestlöhne vor.

In Frankreich wird der Mindestlohn als SMIC bezeichnet. Im Jahr 2022 liegt der Mindestlohn bei einem Brutto-Monatsgehalt von 1603,12 € für eine Vollzeitstelle. Üblicherweise sehen Tarifverträge für bestimmte Branchen höhere Mindestlöhne vor. 

In der Praxis müssen Arbeitgeber jedoch häufig deutlich höhere Gehälter anbieten, damit ihr Stellenangebot wettbewerbsfähig ist, insbesondere für Führungskräfte in einigen Branchen wie der IT-Branche

Arbeitszeit: 35 Stunden pro Woche?

Auch wenn die 35-Stunden-Woche in Frankreich vor etwa 20 Jahren eingeführt wurde, ist es möglich und weit verbreitet, arbeitsvertraglich längere Arbeitszeiten zu vereinbaren. Die 35-Stunden-Woche ist zwar die gesetzliche Arbeitszeit in Frankreich, jedoch nicht der Standard. Wie in vielen anderen Ländern arbeiten Arbeitnehmer in Frankreich oft 39 Stunden oder mehr pro Woche. In diesem Fall fällt für die darüber hinausgehenden Stunden ein Überstundenzuschlag an. Für leitende Angestellte ist es sogar möglich, anstelle von Stunden eine feste Anzahl von jährlichen Arbeitstagen zu vereinbaren.

Arbeitsverträge: auf Französisch? Schriftlich?

Obwohl Arbeitsverträge nicht unbedingt schriftlich vereinbart werden müssen, ist dies dennoch sehr zu empfehlen. Bestimmte Klauseln sind nur gültig, wenn sie schriftlich vereinbart wurden. Wenn ein Arbeitsvertrag aufgesetzt wird, muss er per Gesetz in französischer Sprache verfasst sein.

Welche Kündigungsmöglichkeiten sieht das Arbeitsrecht in Frankreich vor?

In Frankreich kann das Arbeitsverhältnis nur mit triftigem Grund beendet werden. Dies unterscheidet sich von Ländern wie den USA, wo eine Kündigung ohne Begründung möglich ist. Bei den meisten Kündigungen wird eine Kündigungsentschädigung fällig. Der Betrag ist im Französischen Arbeitsgesetzbuch festgelegt. Viele Tarifverträge erhöhen die Kündigungsentschädigung, so z.B. der Tarifvertrag Telekommunikation und der Tarifvertrag Fernabsatz. Darüber hinaus hat der Arbeitnehmer im Falle einer ungerechtfertigten Kündigung Anspruch auf weitere Abfindungen.

Französisches Arbeitsrecht - Fazit

Französische Arbeitsverhältnisse sind umfassend gesetzlich geregelt. Eine Vielzahl von Tarifverträge existiert, die häufig allgemeinverbindlich sind. Internationale Unternehmen sind sich der arbeitsrechtlichen Besonderheiten in Frankreich oft nicht bewusst. Es ist zu empfehlen, sich mit den lokalen Gegebenheiten vertraut zu machen und sich vor wichtigen Entscheidungen fachkundig beraten zu lassen.
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