Am 8. März 2023 entschied ein französisches Gericht, dass der Zugang zu den Gehaltsabrechnungen von Kollegen vor Gericht durchgesetzt werden kann, um ein diskriminierendes geschlechtsspezifisches Lohngefälle nachzuweisen.
Geschlechtsspezifisches Lohngefälle: Zugang zu Gehaltszetteln als Beweis
In dem Fall war eine Mitarbeiterin der Meinung, diskriminiert worden zu sein, weil sie über mehrere Jahre hinweg schlechter bezahlt wurde als ihre männlichen Kollegen in vergleichbaren Positionen. Nach der arbeitgeberseitigen Kündigung klagte sie gegen ihre letzten beiden Arbeitgeber, Unternehmen derselben Unternehmensgruppe, auf Einsicht der Gehaltsabrechnungen ihrer männlichen Kollegen zum Beweis. Ihr Antrag stützte sich auf das Beweisrecht nach Artikel 145 der französischen Zivilprozessordnung.
Schutz personenbezogener Daten vs. Beweisrecht
In diesem Fall stehen zwei Grundrechte im Konflikt:
– das Recht der männlichen Kollegen auf den Schutz personenbezogener Daten, die in den Gehaltsabrechnungen enthalten sind;
– das Beweisrecht der Arbeitnehmerin.
Das französische Gericht betonte, dass das Recht auf Schutz personenbezogener Daten kein absolutes Recht sei. Wenn es mit anderen Rechten kollidiert, ist es nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit abzuwägen. Daher ist entscheidend, ob die Einsicht der Gehaltszettel wesentlich ist und ob der Schaden in einem angemessenen Verhältnis zu dem verfolgten Ziel steht.
Das Urteil: Arbeitgeber zur Vorlage von Gehaltszetteln verurteilt
Ihre früheren Arbeitgeber wurden angeordnet, der ehemaligen Arbeitnehmerin Einsicht in die Gehaltszettel von 8 männlichen Kollegen zu gewähren, die über mehrere Jahre vergleichbare Positionen bekleideten.
Einige Angaben auf dem Französischen Gehaltszettel mussten verdeckt werden, mit Ausnahme des Namens des Mitarbeiters, der Berufseinstufung und dem monatlichen und kumulierten Entgelt pro Kalenderjahr.
Geschlechtsspezifisches Lohngefälle in Frankreich
Laut offiziellen Statistiken des INSEE betrug im Jahr 2021 bei gleicher Arbeitszeit (Vollzeitäquivalent (EQTP)) das Lohngefälle zwischen Frauen und Männern in Frankreich 15,5 %.
Dieses Urteil ist symbolisch. Es ermöglicht Mitarbeitern nun, per Gerichtsbeschluss Einsicht in die Gehaltsabrechnungen von Kollegen zu erhalten, um eine diskriminierende Lohnungleichheit aufgrund des Geschlechts nachzuweisen.